Mitteilungen Triel

    STÄDTEPARTNERSCHAFT Der Motor bricht weg

    Deutsch-französischer Austausch auf der Kippe

    Seligenstadt/Triel-sur-Seine – Der Schüleraustausch zwischen Seligenstadt und Triel-sur-Seine ist der Motor der Städtepartnerschaft mit der französischen Gemeinde. Seit mehr als 60 Jahren besuchen Schülerinnen und Schüler der Einhardschule ihre Austauschpartner im Nachbarland – und umgekehrt.

    OP Besuch Triel Christine und Lehrerinnen 4-25

    Christine Spitzenberg (EFS-Vorsitzende; v.l.), Stefanie Zinser, Merle Meyer, und Geraldine Herold (Lehrerinnen der Einhardschule) begleiten den Austausch von Seligenstädter Seite. Bild P/EFS

    Rund 180 Jugendliche bringt der Europäische Freundeskreis Seligenstadt (EFS) als Organisator damit jedes Jahr zusammen. Die politische und schulische Lage in Frankreich sorgen nun dafür, dass es in 2025 keinen Austausch geben wird.

    Man werde zwar nicht aufgeben und weiter überlegen, wie der Austausch wieder zum Leben erweckt werden kann, erklären die Betreuerinnen Stefanie Zinser (Einhardschule) und Christine Spitzenberg (Vorsitzende des EFS). „Aktuell habe ich aber keine Idee mehr, wie man ihn noch retten kann“, sagt Spitzenberg. Folgen hat das nicht nur für die Schüler, sondern auch für den Verein und die Städtepartnerschaft selbst. Seit 57 Jahren sind Seligenstadt und Triel verschwistert. Die deutsch-französische Partnerschaft ist, weit vor den Freundschaften zu Brookfield (USA) und Piedimonte Matese (Italien), die am ältesten gewachsene der Einhardstadt.

    Zwar wird alle fünf Jahre das Partnerschaftsjubiläum in beiden Städten gefeiert, jährlich finden Herbstwanderungen statt, der EFS sieht sich außerdem als Plattform, um beispielsweise Vereine in Seligenstadt und Triel miteinander zu vernetzen. Die Schüleraustausche aber sind das Aushängeschild der deutsch-französischen Freundschaft. „Das sind Erlebnisse, die im Kopf bleiben und dich ewig mit diesem Land verbinden“, sagt Christine Spitzenberg. „Gerade jetzt, wo jeder diskutiert, ob es ein Europa noch braucht und rechte Gruppen immer stärker werden, sind solche Erlebnisse wichtig.“

    Sich kennenlernen, Vorurteile abbauen, Völkerverständigung – das sei es, worum sich Vereine wie der EFS bemühen. „Wir sind eines von vielen Zahnrädern, die das durch die Städtepartnerschaft am Laufen halten. Und dafür sind die Partnerschaften ja auch ins Leben gerufen worden: Wer sich kennt, führt keinen Krieg gegeneinander.“

    Reise zuletzt schon verkürzt

    Für den Verein bedeutete der Schüleraustausch bisher auch automatisch: mehr Mitglieder. Viele der aktuell 550 – größtenteils passiven – Mitglieder sind darüber zum EFS gekommen. „Häufig treten Eltern ein, weil sie den Austausch so gut finden“, sagt Spitzenberg. Dieser Zuwachs kommt jetzt ins Stocken. „Wenn es eine Lösung gäbe, wäre sie mir bestimmt eingefallen“, sagt die EFS-Vorsitzende zum Austausch zwischen Einhardschule und Collège Les Châtelaines in Triel. Doch die Lösung liegt nicht allein in ihrer Hand: „Gegen die politischen Vorgaben in Frankreich kommen wir als EFS nicht an.“

    So würden die Deutschstunden in Frankreich immer mehr gekürzt, erklären Zinser und Spitzenberg. Unterricht dürfe wegen des Austauschs nicht ausfallen, Schüler und Lehrer müssten also massiv vor- und nacharbeiten. Die Fahrt war deshalb bereits von zwölf auf acht Tage verkürzt worden. Die Folge: Der einzige gemeinsame Ausflug von deutschen und französischen Jugendlichen fiel weg. Die Zeit, die sie zusammen verbringen können, beschränkte sich nur noch auf den Abend und das Wochenende. „Früher haben unsere Schüler auch am Unterricht teilgenommen. Das will die Schule aber nicht mehr.“

    Mit der Sicherheit wächst eine weitere Hürde: „Nach mehreren Anschlägen auf Lehrer und Schulen in Frankreich wurden die Sicherheitsvorkehrungen massiv erhöht. Schüler dürfen zum Beispiel zu keiner Zeit unbeaufsichtigt sein.“ Freizeit in kleinen Gruppen gibt es also nicht mehr.

    Und auch keine Ansprechpartnerin in Triel. Die Lehrerin, die den Austausch an der französischen Schule jahrelang begleitet hat, musste ihn abgeben. Ersatz gibt es nicht. „Leider gibt es in Triel nur dieses eine Collège und diese eine Deutschlehrerin“, erklären Zinser und Spitzenberg. Anders als in Deutschland unterrichten Lehrer in Frankreich nur ein Fach. „Unsere Deutschlehrerin muss inzwischen an mehreren Schulen arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Da bleibt für den Austausch keine Zeit mehr.“

    Auch Fahrt für Grundschüler fällt aus

    Bemühungen, statt einer Sprachreise einen Kulturaustausch anzubieten, um fachfremde Lehrer einbinden zu können, sind gescheitert. „Es geht ja nicht nur um die Sprache. Für die Schüler geht es darum, dorthin zu fahren, die Stadt und das Leben kennenzulernen.“ Die EFS-Vorsitzende denkt deshalb auch über neue Formate abseits eines Austauschs nach. Das Ziel bleibe aber der Austausch der Schulen mit der Unterbringung in Gastfamilien.

    Für die Grundschüler in Seligenstadt und Mainhausen steht der Austausch mit Kindern aus Triel ebenfalls auf der Kippe. Auch er findet in diesem Jahr nicht statt. „Der aktuelle Schulleiter in Triel geht leider in den Ruhestand. Es gibt eine Nachfolgerin, die aber noch sehr zögerlich ist, das Angebot an ihrer Schule fortzuführen“, sagen Zinser und Spitzenberg. Lehrerinnen und dem EFS treffen sich derzeit mit den Grundschulen in Triel, um einen neuen Partner zu gewinnen. „Dieses Schuljahr“, sagt Christine Spitzenberg, „ist allerdings durch.“
    LAURA OEHL

    Gemeinsamer Tag in Seligenstadt

    Auch ohne den Schüleraustausch können Jugendliche aus Seligenstadt noch einmal mit Gleichaltrigen aus Triel in Kontakt kommen. 44 Trieler Schüler zwischen elf und 15 Jahren sind in den Osterferien für eine Woche in Darmstadt. Am Montag, 14. April, machen sie einen Ausflug nach Seligenstadt und würden sich freuen, dort Zeit mit Jugendlichen aus der Einhardstadt zu verbringen. Geplant ist, den Gästen die schönsten Plätze in der Stadt zu zeigen, ein Empfang im Rathaus, ein gemeinsames Picknick sowie ein Sport- und Spielenachmittag im Stadion. Wer dabei sein möchte, kann sich per Mail an stefanie.zinser@schule.hessen.de oder an christine.spitzenberg@efs-seligenstadt.de bei den Organisatorinnen melden.
    LOE

    Quelle: Samstag, 05. April 2025Offenbach-Post / Seligenstadt/Hainburg/Mainh.