Mitteilungen Piedimonte

    Seligenstadts pittoreske Partnerstadt

    Seligenstadt/Piedimonte – Gut zehn Jahre ist es her, dass Seligenstadt mit dem italienischen Piedimonte Matese eine Städtepartnerschaft geschlossen hat. Daran erinnern Eckhard Musch und Marcus Bayer vom Europäischen Freundeskreis Seligenstadt. Die wegen der Corona-Pandemie ausgefallene Bürgerreise in die Partnerstadt aus Anlass des Verschwisterungsjubiläums, in Abstimmung mit der Stadt vom EFS vorbereitet, wird 2022 nachgeholt. Der Termin liegt um den 2. Juni, den Festtag des heiligen Marcellinus.

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    Ansicht von Piedimonte d’Alife, des Matese und des Monte Miletto, erstellt bei der
    Scafa sul Volturno (1791; 2011 für 190 000 Pfund versteigert) Fotos: p

    Erste Kontakte zwischen beiden Städten reichen in die 1980er Jahre zurück. In Piedimonte werden ebenfalls Marcellinus-Reliquien verehrt.
    So ist dieser römische Heilige, der im Jahr 304 als Märtyrer wegen seines christlichen Glaubens den Tod fand, der eigentliche Begründer der Städtepartnerschaft.

    Die Partnerstadt liegt etwa 70 Kilometer nördlich von Neapel am Fuß des Matese-Gebirges, dessen höchster Gipfel, Monte Miletto, 2060 Meter aufragt. Auf 1000 Meter liegt malerisch der Matese-See, die Region ist ein noch zu entdeckendes Wander- und Trekkingparadies.

    Ihre Schönheit zog 1790 den bekannten deutschen Maler Jakob Philipp Hackert an, dessen Werke in namhaften Museen zu sehen sind,etwa in Wien, St. Petersburg, Neapel, Dresden, Berlin, Köln, Hamburg oder im Frankfurter Städel. Hackert wurde 1737 in Prenzlau geboren. Seine Ausbildung erhielt er in der Werkstatt seines Vaters und in der Akademie der Bildenden Künste Berlin. Ab 1765 verbrachte er drei Jahre in Paris und ging anschließend mit seinem Bruder Georg, einem hervorragenden Kupferstecher, nach Italien.

    Hackert bereiste das ganze Land und machte sich einen Namen als bedeutender Landschaftsmaler. Während seine italienischen Zeitgenossen eher heroische Landschaften komponierten, waren Hackerts Veduten topografisch genau und detailgetreu. Sein Ziel war, „Bäume und Pflanzen so zu malen, dass ein Botaniker sie sofort erkennt“. So erhielt er zahlreiche Aufträge des europäischen Adels. 1786 wurde Hackert Hofmaler von König Ferdinand IV. von Neapel. Auch sein Bruder Georg erhielt eine Stelle.

    Im selben Jahr traf Philipp Hackert dort seinen Landsmann Johann Wolfgang von Goethe. Der war 1783 durch zwei Landschaften, die sich in der Sammlung des Herzogs von Gotha befanden, auf Hackert aufmerksam geworden. Er schätzte an ihm und seiner Malweise „die
    Gewissenhaftigkeit und Struktur, die Kunstfertigkeit sowie den unermüdlichen Arbeitsethos und die Geduld“ und nahm bei ihm Unterricht im Zeichnen. So angetan war der Dichter, dass er 1811, nach dessen Tod, eine Schrift „Philipp Hackert. Biographische Skizze“ veröffentlichte. Da schreibt er: „In Tivoli war ich mit Herrn Hackert draußen, der eine unglaubliche Meisterschaft hat, die Natur abzuschreiben und der Zeichnung gleich eine Gestalt zu geben. Ich habe in diesen wenigen Tagen viel von ihm gelernt.“

    1790, vielleicht früher, kam Hackert erstmals in die Matese-Region. Und da er seine Bilder immer mit Namen und Entstehungsjahr signierte, lässt sich das gut nachweisen. Eine Bestätigung findet dies in den Aufzeichnungen eines Freundes, des englischen Adligen und Hobbymalers Sir Richard Colt Hoare, der ihn häufig begleitete. Wir erfahren, dass beide im Oktober 1790 einige Tage in dem Ort weilten, der damals noch Piedimonte d’Alife hieß, es wegen des schlechten Wetters jedoch nicht aufs Hochplateau mit dem See schafften. Hackert malte jedoch ein naturgetreues Bild des Vallone d’Inferno (Höllental) bei Piedimonte, das heute im englischen Stourhead hängt. Im April 1791 kam er zurück und erreichte nach anstrengendem Aufstieg den See. Davon zeugen zwei herausragende Sepiazeichnungen, eine des Dorfs San Gregorio und eine mit See und Monte Miletto. Auch 1792 kam Hackert nach Piedimonte, zeichnete und malte.

    Der Lazzaroni-Aufstand, der 1799 in Neapel ausbrach, veranlasste Hackert zur Flucht. Über Livorno und Pisa kam er nach Florenz, wo er sich 1803 niederließ. Bis zu seinem Tod entstanden weitere Gemälde von Piedimonte, dem Matese und der Region, vermutlich anhand von Zeichnungen, die er bei der Flucht retten konnte, und aus der Erinnerung.

    Piedimonte geht es mit Hackert wie Seligenstadt mit Hans Memling: Leider gibt es kein Originalgemälde im Ort. Aber das pittoreske Städtchen und das grandiose Gebirge sind immer noch zu bestaunen. Vielleicht nächstes Jahr, bei der Bürgerreise... mt

    Quelle: Offenbach Post 23.03.2021

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